Das Bargeld wird so schnell nicht abgeschafft
Laurent Sahuquet – Regionaldirektor Banque de France
Wie entwickeln sich die Zahlungsmittel, insbesondere seit der Corona-Krise?
Laut einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) zahlen 39 % der Franzosen seit der Corona-Krise seltener in bar, und 86 % von ihnen beabsichtigen, dies nach der Epidemie beizubehalten. Die Krise hat uns aber dazu veranlasst, über die nach wie vor bestehenden Vorteile des Geldes nachzudenken. Sozial schwächere Bevölkerungsgruppen, vor allem überschuldete Haushalte, bevorzugen Bares. Senioren ebenfalls. Grundsätzlich kann sich Bargeld in Krisenzeiten als extrem nützlich erweisen, vor allem im Falle einer Cyberattacke oder Naturkatastrophe.
Also wird das Bargeld nicht abgeschafft?
Wir glauben nicht an eine bargeldlose Gesellschaft. Wir beobachten zwar seit mehreren Jahren einen Rückgang der Barzahlungen, beeinflusst durch den boomenden E-Commerce und die Entwicklung des kontaktlosen Bezahlens. Letzteres stellt durchschnittlich die Hälfte der Transaktionen in Geschäften und an Automaten dar, gegenüber 19 % im Jahr 2018. Diese Entwicklung ist beachtlich, aber das Bargeld bewährt sich weiterhin: eine Erhebung der EZB zeigt, dass 2019 in Frankreich noch 59 % aller Zahlungen in bar erfolgten, in Deutschland sogar 77 %. Noch eine interessante Beobachtung: die Länder, die einen Weg in eine bargeldlose Gesellschaft nach schwedischem Vorbild eingeschlagen hatten, rudern langsam wieder zurück.
Wie reagiert das Bankwesen auf das Aufkommen der Kryptowährungen?
Anstelle von Kryptowährungen sollten wir besser von Kryptowerten sprechen. Zwar lassen sich einige Kryptos, insbesondere Bitcoins, mittlerweile als Zahlungsmittel verwenden, jedoch erfüllen sie lange nicht alle grundlegenden Kriterien, um von einer Währung sprechen zu können. Weder basieren sie auf einem realen Vermögenswert noch profitieren sie von einer staatlichen Garantie. Dies macht sie zu extrem riskanten und höchst spekulativen Kapitalanlagen. Die EZB hingegen hat Überlegungen zur Schaffung eines digitalen Euros angestoßen. Die Banque de Francehat übrigens eine Testphase gestartet, gemeinsam mit mehreren Partnern, Banken und FinTechs.